Der Begriff Innere Emigration steht für die politisch-geistige Haltung derjenigen Schriftsteller, die während der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland blieben und gegenüber dem Nationalsozialismus eine gleichgültige bis feindselige Haltung einnahmen. Die Schriftsteller kann man aber nicht als eine homogene Gruppe bezeichnen. „Anti-nationalsozialistischen“ Autoren könnte man „nicht-nationalsozialistische“ gegen¬überstellen.
Das Selbstverständnis der Inneren Emigration war das einer „geistigen Opposition“ gegen den herrschenden „Ungeist“. Ihre Autoren propa¬gierten überwiegend ein christlich-humanis-tisches Ethos, das sich dem europäischen Erbe verpflichtet fühlte. Daneben sind neustoische und klassizistische Einstellungen zu beobachten, der Rückgriff auf den antiken Mythos sowie An¬leihen bei der noch jungen Existenzphilosophie. Gemeinsam war der Verzicht auf direkte poli¬tische Appelle an den Leser. Die Literatur sollte in dieser Zeit Trost bieten, Ver¬haltensweisen mitteilen aber auch den wirklichen Verhältnissen die überzeitliche Wirklichkeit entgegenstellen. Die meisten Schriftsteller begriffen Nationalsozialismus als „Verhängnis“, „Tragödie“ oder Herr¬schaft von „Dämonen“.
Schreibweisen der Inneren Emigration Das bevorzugte literarische Ausdrucksmittel der Inneren Emigration war die Camouflage, die seit der Antike bekannte „Sklavensprache“. Ange¬sichts der umfassenden Zensur des NS-Staates mussten die Schriftsteller ihre kritischen Gedanken zwischen die Zeilen schreiben und nur indirekt doppeldeutige Anspielungen ab und zu mal verwenden. Eine legale Oberflächenstruktur tarnte dabei den system¬kritischen Charakter der Tiefenstruktur der Texte, die auf die Herstellung einer geheimen Gegen¬öffentlichkeit zielten. Die verdeckten Schreib-weisen setzten freilich einen gleich gesinnten Leser voraus, der fähig war, die beabsichtigte Aussage zu entschlüsseln.